Die Ständige Konferenz des Fußball- und Leichtathletik Verbands Westfalen hat am Samstag, den 15. Oktober 2011 die Pläne für die anstehende Kreisstrukturreform vorgestellt. Der erste Grundsatz dieser Reform beinhaltet, dass man sich bei der neuen Struktur in Westfalen an den politischen Kreisgrenzen orientieren wird. In diesem Beitrag möchte ich den Plan einmal im Detail vorstellen und natürlich kann ich es mir nicht verkneifen, zu gewissen Details auch meine Kommentare ab zu geben. Wie ihr sicher schon gemerkt habt, bin ich zwar nicht komplett gegen die Reform, bin aber der Meinung, dass sie in der Form keine Lösungen für die angeblichen Probleme im Verband bietet. Und wir sprechen hier über Probleme, die sich der Verband durch jahrelange Untätigkeit selbst eingehandelt hat. Der Abschlusssatz der Sitzung am vergangenen Samstag lautete "Nicht das Neue muss zuerst hinterfragt werden, sondern das Gewohnte". Ich bin anderer Meinung.
FLVW Kreisstrukturreform: Ein paar Details
Welche Gründe gibt es für die Reform? Welche Argumente hat der FLVW?
Als Grundlage für die Reform dient der sogenannte FEP, der Fußball-Entwicklungs-Plan des Verbandes FLVW, aus dem Jahre 2010. Das Ziele dieses Plans sind:
- Anpassung an bestehende Strukturen
- Bündelung der Ressourcen
- Einsparungen
- Reaktionen auf den demographischen Wandel
Mit Punkt 1 ist in diesem Fall wohl die Anpassung der Kreisstrukturen an die politischen Kreise, aber auch die Anpassung an die schon durchgeführte bzw. anstehende Reform auf überkreislicher Ebene gemeint (FEP Teil 1). Diese beinhaltete auch die Reduzierung der Zahl der Bezirksligen im Verband von 15 auf 12. Das macht auch eine Reduzierung der Zahl der A-Kreisligen erforderlich, um jeden Meister einer A-Liga auch den Aufstieg zu ermöglichen.
Punkt 2 und 3 beziehen sich wohl auf das Personal und die Kosten. Die beiden Themen werden wir noch näher beleuchten.
Punkt 4 ist ein sehr wichtiger Punkt. Der demographische Wandel ist in der Tat ein großer Feind des Amateurfußballs in ganz Deutschland. Die hohe Abnahme an jungen Menschen im Land wird ein großes Mannschaft- und Vereinssterben zur Folge haben. Die immer schlechter werdende Förderung der (Sport-) Vereine durch die Städte und Gemeinden tut ihr übriges dazu. An dieser Stelle besteht wirklich ein erhöhter Handlungsbedarf. Es stellt sich jedoch die Frage, ob man hier nicht in der bestehenden Struktur auf Kreisebene reagieren kann um die nötigen Vorraussetzungen für die laufenden Veränderungen zu schaffen. Die Notwendigkeit der Strukturreform in der vorliegenden Form, erschließt sich für mich nicht.
Die Ausgangslage im FLVW ist so, dass es bisher 33 Kreise gibt. Dazu veröffentlichte der FLVW am vergangenen Samstag folgende Grafik:
Wie man sieht, wird in dieser Grafik großen Wert auf die Kosten gelegt. Es wird jedoch nicht erwähnt, wie sich diese Kosten zusammen setzen oder wie genau sie entstehen. Es wird auch nicht gesagt, ob die Kosten durch die Abgaben der Vereine und Kreise gedeckt werden oder nicht. Man sieht einige Markierungen, die wohl auf besonders "teure" und besondern "günstige" Kreise hinweisen sollen. Eigentlich sieht man an dieser Stelle nicht, wo genau das Problem eigentlich liegt und warum die Reform wegen dieser Tabelle notwendig ist. Für mich ist es eine Milchmädchenrechnung, einfach die Zahl der wegfallenden Kreise mal den Schnitt der Kosten pro Kreis zu nehmen und daraus die Ersparnis zu berechnen.
Der Plan beinhaltet dann im Folgenden mögliche Lösungen für das "Problem" und stellt diese in folgender Tabelle dar:
Null-Lösung |
Mikro-Lösung |
Mini-Lösung |
Mittellösung |
optimierte Mittellösung |
große Lösung |
keine Veränderungen gegenüber dem Status quo |
nur Grenzbereinigungen: "Fremdvereine" zurück in Zugehörigkeitskreis |
Anpassung an kommunale Kreisgrenzen ohne Einbeziehung der kreisfreien Stätte |
Anpassung an die kommunalen Strukturen unter Einbeziehung der kreisfreien Stätte |
Anpassung an die kommunalen Strukturen unter Einbeziehung der kreisfreien Stätte, aber keine Aufsplittung zur Erhaltung vorgesehener Kreis |
Anpassung an die Zielvorgabe im FEP (22 Kreise) auf der Grundlage des Entwurfs des Sauerlandfußballs |
33 Kreise wie bisher |
33 Kreise wie bisher |
21 - 24 Kreise |
22 Kreise |
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Nachteil: alles bleibt wie es war; FEP im wichtigsten Teil Makulatur |
s. links |
Problem: auch Zerschlagung bestehender Kreise möglich |
wie Mini-Lösung (s. links) |
Problem: keine Berücksichtigung kreisspezifischer Interessen |
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Besonderheit HSK mögl. Lösung: Vertikalschnitt durch den Kreis; Anbindung an kommunale Struktur würde aber gewahrt |
Problem: nicht unbedingt Anbindung an die kommunalen Strukturen |
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Vorteil: bis auf HSK würde kein funktionierender Kreis bestraft |
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Hierbei möchte ich eure Aufmerksamkeit vor allem auf die "große Lösung" lenken, die offensichtlich aus einem Artikel hier bei sauerlandfussball.de entnommen wurde, welchen der User Babi vor fast einem Jahr verfasst hat (>> Klick <<).
Entschieden hat man sich dann offensichtlich für die einfachste, die Mittellösung, wobei aber dann von einer Aufsplittung des HSK nicht mehr die Rede ist (was nicht heißt, dass es nicht gemacht wird). Daraus entstehen dann die 26 neuen Kreise die aus den 18 politischen Kreisen und 8 kreisfreien Städten gebildet werden.
In konkreten Zahlen ergibt sich daraus folgendes:
1. Übersicht - Kreise nach Größe:
Hochsauerlandkreis |
270.000 |
1958,8 |
||
Steinfurt |
444.000 |
1791,3 |
||
Borken |
369.000 |
1418,8 |
||
Soest |
305.000 |
1327 |
||
Warendorf |
279.000 |
1316,8 |
||
Lippe |
353.000 |
1246,4 |
||
Paderborn |
299.000 |
1245,3 |
||
Höxter |
148.000 |
1200 |
||
Minden-Lübbecke |
316.000 |
1152 |
||
Siegen-Wittgenstein |
284.000 |
1131,6 |
||
Coesfeld |
220.000 |
1110,1 |
||
Märkischer Kreis |
434.000 |
1059 |
||
Gütersloh |
353.000 |
967,2 |
||
Recklinghausen |
633.000 |
760,4 |
||
Olpe |
140.000 |
710 |
||
Unna |
414.000 |
542,6 |
||
Herford |
250.000 |
450 |
||
Ennepe-Ruhr-Kreis |
334.000 |
408,3 |
||
Münster (Stadt) |
276.000 |
302,92 |
||
Dortmund (Stadt) |
581.000 |
280,3 |
||
Bielefeld (Stadt) |
323.000 |
257,8 |
||
Hamm (Stadt) |
181.000 |
226,3 |
||
Hagen (Stadt) |
190.000 |
160,4 |
||
Bochum (Stadt) |
376.000 |
145,4 |
||
Gelsenkirchen (Stadt) |
260.000 |
104,84 |
||
Herne (Stadt) |
166.000 |
51,4 |
2. Ãœbersicht - Kreise nach Vereinen und Mannschaften:
Mannschaften WL - KL D |
||||
Kreis |
Nummer |
Vereine |
Mannschaften |
davon aus den Kreisen |
Bielefeld |
1 |
45 |
88 |
Kr. 5: 88 |
Bochum |
2 |
69 |
151 |
Kr. 6: 151 |
Borken |
3 |
50 |
141 |
Kr. 1: 93; Kr. 27: 48 |
Coesfeld |
4 |
34 |
96 |
Kr. 1: 57; Kr. 21: 31; Kr. 24: 8 |
Dortmund |
5 |
95 |
196 |
Kr. 11: 193; Kr. 17: 3 |
Ennepe-Ruhr-Kreis |
6 |
49 |
110 |
Kr. 13: 62; Kr. 6: 48 |
Gelsenkirchen |
7 |
50 |
105 |
Kr. 12: 95; Bottrop: 8; Essen 2 |
Gütersloh |
8 |
65 |
138 |
Kr. 34: 96; Kr. 5: 32; Kr. 26: 6; Kr. 4: 2; Kr. 24: 2 |
Hagen |
9 |
43 |
78 |
Kr. 13: 78 |
Hamm |
10 |
18 |
55 |
Kr. 32: 55 |
Herford |
11 |
48 |
106 |
Kr. 14: 106 |
Herne |
12 |
37 |
73 |
Kr. 15: 73 |
Hochsauerlandkreis |
13 |
98 |
171 |
Kr. 3: 56; Kr. 7: 59; Kr. 22: 52; Kr. 8: 2; Kr. 33: 2 |
Höxter |
14 |
73 |
120 |
Kr. 16: 69; Kr. 33: 47; Holzminden: 2; Waldeck-Fr.: 2 |
Lippe |
15 |
88 |
183 |
Kr. 18: 92; Kr. 10: 87; Kr. 5: 4 |
Märkischer Kreis |
16 |
79 |
159 |
Kr. 17: 74; Kr. 2: 69; Kr. 3: 14; Kr. 25: 2 |
Minden-Lübbecke |
17 |
69 |
164 |
Kr. 23: 89; Kr. 20: 75 |
Münster |
18 |
36 |
83 |
Kr. 24: 83 |
Olpe |
19 |
59 |
115 |
Kr. 25: 115 |
Paderborn |
20 |
68 |
137 |
Kr. 26: 75; Kr. 8: 62 |
Recklinghausen |
21 |
97 |
216 |
Kr. 127: 157; Kr. 15: 33; Kr. 12: 24; Kr. 1: 2; ,Wesel: 4 |
Siegen-Wittgenstein |
22 |
79 |
156 |
Kr. 28: 154; Altenkirchen: 2 |
Soest |
23 |
85 |
160 |
Kr. 19: 82; kr. 29: 69; Kr. 4: 4; Kr. 8: 3; Kr. 3: 2 |
Steinfurt |
24 |
69 |
190 |
Kr. 31: 90; Kr. 30: 86; Kr. 24: 12; Kr. 1: 2 |
Unna |
25 |
60 |
142 |
Kr. 32: 85: Kr. 11: 25; kr. 21: 20; Kr. 17: 12 |
Warendorf |
26 |
45 |
99 |
Kr. 4: 51; Kr. 24: 46; Kr. 34: 2 |
Es fällt auf, dass der Kreis HSK, sowohl nach der Fläche, als auch nach der Zahl der Vereine, der größte Kreis nach der neuen Einteilung sein wird. Der Plan sieht für den HSK vor, dass es 2 A-Kreisligen geben wird, wobei der Kreis dann in Ost und West geteilt werden soll. Die Teilung soll mehr oder weniger mitten durch den Kreis Meschede erfolgen. Außerdem gibt es dann im Sauerland noch den Kreis MK (bisher weitesgehend die Kreise Lüdenscheid und Iserlohn), den Kreis Soest (bisher Soest und Lippstadt) und den Kreis Olpe, der bleibt, wie er ist. Einzelne Vereine sollen einen Antrag auf Verbleib in einer bestehenden Struktur stellen können, um Härtefälle zu vermeiden.
Der Verband weist darauf hin, dass nach dem Beschluss der Strukturreform auf Kreisebene weitere Fusionen von Kreisen genehmigt werden können, ein Antrag auf Teilung von Kreisen ist jedoch komplett ausgeschlossen. Hier stellt sich die Frage, ob bspw. im Falle des HSK-Kreises, noch Hoffnung besteht, dass es zwei HSK Kreise geben könnte (das wäre wohl die bevorzugte Lösung der Kreisverantwortlichen und evtl. auch die sinnvollste Lösung). Der Beschluss ist noch nicht gefasst, sodass hier noch leise Hoffnung bestehen könnte. Ich persönlich glaube aber nicht, dass an den Plänen noch etwas geändert wird.
Kommen wir zu den Gründen für die Reform, welche vom FLVW am Samstag genannt wurden:
- Analoge Grenzen erleichtern die Zusammenarbeit mit den Sportpartnern auf kommunaler Ebene
- analoge Strukturen (Fußballkreise = Kreissportbund bzw. Stadtsportbund) machen "Verbundsystem" erst sinnvoll, führen zu besserer sportpolitischer Vertretung, schaffen Synergieffekte
- Kreisfusionen verbessern die Qualität im Ehrenamt (breitere Basisfür die Spitze; Hauptamtlichkeit etc.)
- Kreisfusionen führen zu Einsparungen (Ausgaben, Investitionskosten)
Zum Punkt 3 habe ich meine ganz eigene Meinung, die zum großen Teil durch Aussagen von vielen mir bekannten Ehrenämtlern gestützt wird. Ich glaube, dass man hier davon ausgeht, dass nur die "guten" Ehrenämtler in den neuen Kreisen Ämter übernehmen werden. Aber wer sagt, dass es nicht genau umgekehrt ist? Viele der Funktionäre in den Kreisen haben schon vor dem vergangenen Samstag gesagt, dass sie, wenn die Reform in dieser Form kommt, mit Beginn der Reform ihr Ehrenamt aufgeben werden, da sie sich mit den neuen Kreisstrukturen nicht anfreunden bzw. identifizieren können und manche auch die anstehende Arbeit scheuen. Ich behaupte sogar, dass in vielen Kreisen hauptsächlich die Machtbesessenen Vertreter ihrer Art übrig bleiben (Stichwort: Hauptamtlichkeit) werden und durch die fehlende Identifikation ein gewisses Maß an Einsatz für den Sport verloren gehen wird.
Kommen wir zu Punkt 4. Zunächst klingt es mal logisch, dass weniger Kreise auch weniger Kosten verursachen. Vielleicht glaubt man deshalb auch, dass man auf eine detaillierte Aufstellung verzichten kann, welche Einsparungen durch die Reform erwartet werden (wie erwähnt traue ich der angegebenen Berechnung nicht). Ich glaube sogar, dass niemand genau weiß, ob es wirklich Geld spart, die Kreise zu reduzieren. Zu Beginn wird es für die Kreise sogar erst einmal gehörige Mehrkosten geben. Ich denke da an Dinge, wie Homepages, die neu angelegt werden müssen, neue Briefköpfe, Schilder, Logos, ggf. müssen neue, zentralere Geschäftsstellen eingerichtet werden und viele weitere Anschaffungen und Kostenfaktoren. Ich hätte mir hier eine konrekte und detaillierte Aufstellung gewünscht, die alle Kosten und möglichen Einsparungen der Reform gegeneinander aufrechnet. Ich glaube jedoch, dass man in der Arbeitsgruppe gar nicht so tief in das Thema eingedrungen ist und hier einfach die Logik aufstellt: weniger Kreise = weniger Kosten ohne das auch nur ansatzweise belegen zu können.
Für mich bleibt am Ende die große Frage, ob eine Reform von diesem Ausmaß tatsächlich notwendig ist. Aus den vorliegenden Daten erschließt sich mir nicht, warum man sich bei der Kreissturkturreform strikt an die Kreisgrenzen halten muss und teilweise sehr gut funktionierende Strukturen auseinander reißt. Ich bin der Meinung, dass man, konkret im Fall des HSK, flexibler hätte sein können. Ich stelle damit nicht die Notwendigkeit einer Reform in Frage, aber ich behaupte, dass man es sich mit dieser Art Reform zu leicht macht und ich kritisiere scharf, dass man die Gründe nicht ausreichend mit Daten unterfüttert hat. An dieser Stelle hätte ich mir mehr Details gewünscht, die jedoch vermutlich niemand kennt. Auch die Rolle der Presse gefällt mir bei dieser Sache nicht. Ich habe noch keinen Artikel gefunden, der diese Sache wirklich kritisch beleuchtet und sich im Detail mit der Reform auseinander setzt. Auch die Verantwortlichen der Kreise haben offenbar nicht den Mut gehabt, sich wirklich gegen eine solche Reform zu stellen, obwohl sie das, laut meinen Informationen, eigentlich vor hatten. Für mich bleiben zu viele Fragen offen und ich bin gespannt, ob sich bis zum Verbandstag, der bis Mai 2012 stattfinden soll, noch Änderungen ergeben und ob die Reform so beschlossen wird, wie sie hier vorliegt.
Die vollständige Power Point Präsentation der Konferenz habe ich hier zum Download bereit gestellt: >> Klick <<